Der eCMR-Service aus dem Forschungsprojekt Silicon Economy des Fraunhofer IML hat seine erste große Bewährungsprobe mit Anbindung an ein externes System im Rahmen eines groß angelegten Pilotprojekts bestanden: In dem komplexen Use-Case mit dem Logistiksoftware-Unternehmen Transporeon betrieben die Forschenden die Open-Source-Lösung zwei Monate lang im Livebetrieb und unter Volllast stabil und ohne technische Probleme. »Wir konnten unsere Performance deutlich verbessern und haben auf unterschiedlichsten Ebenen zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen«, zieht Patrick Becker vom Fraunhofer IML, Product Owner im Projekt eCMR, eine positive Bilanz. »Damit haben wir ganz klar einen neuen Meilenstein in unserem Projekt erreicht: Der eCMR skaliert!« Erstmals wurden digitale Frachtbriefe auch automatisch generiert.

Gemeinsam mit dem Projektpartner Transporeon, der über seine Transportmanagementplattform weltweit mehr als 1.300 Verlader, 145.000 Spediteure und 100 Handelsunternehmen miteinander vernetzt, wurde ein diverser Use-Case mit realen grenzüberschreitenden Verkehren und Transaktionen aufgesetzt. Die Forschenden stellten den eCMR-Dienst auf der Infrastruktur des Fraunhofer IML zur Verfügung; Transporeon entwickelte eine technische Schnittstelle von den Kundensystemen zum eCMR-Service. Der Use-Case umfasste drei Supply Chains – jeweils mit Versender, Transporteur und Empfänger –, die kreuz und quer durch Europa führten.

Insgesamt waren mehr als 20 Kunden von Transporeon aus unterschiedlichsten Branchen mit rund 50 Benutzern in den Piloten eingebunden. Im Ergebnis wurden 200 digitale Frachtbriefe, die eine gesamte Supply Chain durchliefen, sowie 900 eCMR-Versionen erzeugt. Damit erfolgten durchschnittlich 4,5 Bearbeitungen pro eCMR. Parallel lief der Prozess auch in Papierform. Projektpartner Transporeon zeigte sich insbesondere auch von der einfachen Bedienbarkeit des Services überzeugt: »Es war wirklich einfach, unsere Plattform an den Service anzubinden. Wir konnten unseren Piloten mit dem Kunden in einer sehr kurzen Zeit starten«, erklärt Gerry Daalhuisen, Tribe Lead Dock & Yard bei Transporeon. Die Forschenden wollen nun konkrete Anforderungen aus dem Tagesgeschäft und neue Erkenntnisse zum logistischen Prozess für die Weiterentwicklung des eCMR nutzen. 

Standard auch bei vielen Lösungen nebeneinander möglich

Der eCMR-Service des Fraunhofer IML folgt – wie alle Entwicklungen aus dem Forschungsprojekt Silicon Economy – dem Open-Source-Ansatz. Die quelloffene Lösung wurde bereits im vergangenen Jahr im Open Logistics Repository der Open Logistics Foundation veröffentlicht. Bei der Open Logistics Foundation bildete sich daraufhin die Working Group Electronic Transport Documents, in der die Weiterentwicklung des eCMR vorangetrieben wird. Das Fraunhofer IML ist mit Patrick Becker und weiteren Mitgliedern des Teams sowohl in der Working Group als auch im Projekt eCMR selbst vertreten. »Zurzeit besteht die Gefahr eines eCMR-Dschungels, da immer mehr Dienstleister eigene proprietäre Lösungen anbieten. Deshalb ist es wichtig, dass Logistikdienstleister, Logistik-IT-Unternehmen und Plattformen an einem Tisch sitzen«, so Becker. »Gerade der Open-Source-Ansatz eröffnet der Branche die große Chance, beim digitalen Frachtbrief zu einem dringend notwendigen Standard zu kommen. »Grundsätzlich muss es nicht eine einzige Lösung geben – aber alle Lösungen müssen miteinander kompatibel sein.«

Genau aus diesem Grund hat sich auch Transporeon als Partner für das eCMR-Pilotprojekt des Fraunhofer IML zur Verfügung gestellt: »Wir haben zwar eine eigene eCMR-Lösung entwickelt, die digitale Frachtbriefe in Echtzeit an die beteiligten Parteien auf der Transporeon-Plattform überträgt“, so Gerry Daalhuisen von Transporeon. »Aber wirhaben natürlich ein großes Interesse daran, gemeinsam mit dem Fraunhofer IML und auch mit anderen Unternehmen an dem Datenstandard und der Architektur zu arbeiten, damit die Systeme am Markt kompatibel sind.«

Im Sommer des vergangenen Jahres hatte das eCMR-Team der Silicon Economy seinen Service bereits in einem Pilotprojekt mit dem internationalen Logistikdienstleister DACHSER getestet, einem der Treiber zur Einführung des digitalen Frachtbriefs. Die Lösung wurde hier für Transporte zwischen zwei Standorten des Unternehmens in Deutschland und in den Niederlanden erfolgreich eingesetzt. In dem Praxistest wurde evaluiert, wie der elektronische Frachtbrief im Alltagsgeschäft durch die Mitarbeitenden eingesetzt und intuitiv bedient werden kann. Die digitalen Frachtbriefe waren dabei noch manuell eingegeben worden. 


Fotos: Fraunhofer IML