Das erklärte Ziel jedes Logistikdienstleisters ist es, seinen Kunden verlässliche Transportzeiten zu nennen. Mit dem neuen Dienst »KI-ETA« (Estimated Time of Arrival = Ankunftszeit), der derzeit in einem Entwicklungsprojekt der Silicon Economy entwickelt wird, lassen sich Ankunftszeiten auf multimodalen Routen ermitteln – für Straße, Schiene, Wasserstraße und Luft. Die Lösung, an der Product Owner Alex Rotgang, sein Kollege Kai Hannemann sowie Entwickler vom Fraunhofer IML arbeiten, soll einmal mehr die Idee der Silicon Economy verdeutlichen und sich nahtlos in die Silicon Economy einfügen. Das heißt: Der Code steht allen Unternehmen, die diesen Dienst oder Bausteine des Dienstes in ihre Plattformen integrieren wollen, frei zur Verfügung. Das Entwicklungsprojekt läuft über sechs Monate, in denen die Grundlagen für den Dienst geschaffen werden. Danach soll dieser in Zusammenarbeit mit Industriepartnern weiter aufgebaut und individuell angepasst werden. Parallel dazu werden am Fraunhofer ISST entsprechende Geschäftsmodelle entwickelt.

Öffentliche Datenquellen als Grundlage

Für den KI-ETA-Service wird zunächst ein frei verfügbarer Online-Kartendienst aufgebaut. Die Grundlage dafür liefert OpenStreetMap, das frei nutzbare Geodaten sammelt, strukturiert und für die Nutzung durch jedermann in einer Datenbank vorhält. Die Prognose der Transportdauern soll durch den MobilitätsDatenMarktplatz (MDM), eine weitere öffentliche Datenquelle, verfeinert werden. Auf dieser Plattform stellen heute schon mehr als 500 Anbieter aus dem öffentlichen Bereich und der Privatwirtschaft offene und unabhängige Mobilitätsdaten aus Deutschland ein. »Die Daten für NRW liegen uns bereits vor und werden in den Dienst eingebunden«, so Alex Rotgang.

Unternehmen können den Dienst später entweder über eine spezielle Schnittstelle, die ebenfalls im Gesamtprojekt der Silicon Economy entwickelt wird, nutzen oder den gesamten Source-Code in ihr eigenes Transportmanagementsystem integrieren. Im ersten Fall werden die konkreten Transportaufträge über einen unternehmensspezifischen IDS-Connector sicher übermittelt. Die Software ist im Rahmen der Initiative »International Data Spaces«, einem der Netzwerkpartner der Silicon Economy, entwickelt worden. Damit behalten Unternehmen die volle Kontrolle über ihre Daten. Sie können über den IDS-Connector selbst entscheiden, welche Daten sie mit wem teilen wollen – oder auch nicht. Die Einbindung des IDS-Connectors soll zunächst mit Praxispartnern umgesetzt werden.

Vorteile für Unternehmen auf einen Blick
  • Fertige Lösung. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren davon, dass sie den Dienst direkt einbinden können – keine Eigenentwicklung nötig!
  • Datensouveränität. Sämtliche Mobilitäts- und Standortdaten verbleiben bei den Unternehmen und gehen nicht an einen Kartendienst-Monopolisten über, der sie für eigene Zwecke nutzt.
  • Gütertransport. Der Dienst richtet sich ausdrücklich an den Güterverkehr und berücksichtigt sowohl Fahrzeiten der einzelnen Verkehrsmittel als auch typische Dauern von Umschlagstätigkeiten.

So funktioniert der ETA-Dienst konkret

Unternehmen müssen lediglich den Startpunkt und das Ziel für einen Transport eingeben. Der Dienst berechnet dann – KI-basiert – Ankunftszeiten unter Berücksichtigung unterschiedlicher Transportwege. Zurzeit funktioniert das schon für die Straße. Zur Berechnung der Ankunftszeit segmentiert die Software die Route in kleinste Bestandteile. Unter Berücksichtigung unterschiedlichster Mobilitätsdaten (u. a. Stau-, Wetter-, Unfalldaten) wird dann die mögliche Geschwindigkeit des Transports – und im Ergebnis die Ankunftszeit – mittels künstlicher Intelligenz prognostiziert. Im weiteren Entwicklungsprozess sollen echtzeitbasierte Einflüsse die Prognose validieren und verbessern. Bis zum Ende der Laufzeit des Entwicklungsprojekts sollen auch Terminals für den Kombinierten Verkehr (KV-Terminals) angebunden werden. Dann können bei Anfragen auch die Schiene und Wasserstraßen berücksichtigt werden. »Von besonderem Interesse für Unternehmen ist nicht nur, dass die Ankunftszeit korrekt prognostiziert wird«, meint Alex Rotgang. »Mit dem Dienst soll eine vollständige Transparenz über das Transportangebot der unterschiedlichen Verkehrsträger auf dem Markt geschaffen werden. Das ist heute längst noch keine Selbstverständlichkeit.«

Foto: IML