Für die Logistik ist Computer Vision (kurz: CV) ein vielversprechende Digitalisierungsansatz zur Erhöhung von Prozesstransparenz, zur Optimierung von Prozessabläufen und damit zur Einsparung von Aufwänden und folglich Emissionen. Dabei werden aus digitalen Bildern und Videos aussagefähige Informationen gewonnen, auf deren Grundlage sich Maßnahmen ergreifen oder Empfehlungen abgeben lassen.
Im Rahmen von »CV on Edge« werden verschiedene Komponenten entwickelt:
Hardware: Smarte Kamera
Eine smarte Kamera wertet aufgenommene Bilder direkt auf dem Gerät aus, d. h. die Bilddaten müssen nicht erst an einen zentralen Server weitergeleitet werden.
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Die steigende Rechen- und Grafikleistung heutiger Embedded Boards erlaubt es, für Anwendungen der Bildverarbeitung im industriellen Umfeld kompakte Verbundsysteme aus entsprechenden Boards und Kameramodulen zu entwickeln und einzusetzen.
Die Vorteile dieser so genannten smarten Kameras liegen darin, dass sie
- die aufgenommenen Bilder direkt auf dem Gerät auswerten können und
- die Bilddaten nicht erst an einen zentralen Server leiten müssen.
So können die Anforderungen an die Datenübertragung zwischen Kamera und Server deutlich verringert werden, denn die Kameras können bspw. erkennen, ob sich in den aufgenommenen Bildern eine Änderung ergeben hat und nur dann die entsprechenden Bilder weiterleiten oder gar die Bilder bereits interpretieren und nur die relevanten Informationen aus den Bildern an den Server schicken. Dieser Aspekt der lokalen Datenvorverarbeitung macht Systeme aus smarten Kameras hochskalierbar.
Durch den weitgehenden Verzicht auf festinstallierte Infrastruktur wie etwa Datenkabel (ausgenommen WLAN oder Mobilfunk und eine Energiequelle) können auch neue Geschäftsmodelle entstehen. So können smarte Kameras mit vortrainierten Modellen für bestimmte Anwendungsfälle bei weiteren Partnern in der Supply Chain installiert werden und dadurch die Informationen über Sendungen und Materialflüsse automatisch und transparent geteilt werden.
Software: Guided Training Service
Ein geführtes Training soll es Unternehmen ermöglichen, innerhalb kürzester Zeit eine KI zur Erkennung und Verarbeitung von Bildern »anzulernen«.
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Um smarte Kameras in der Breite der Industrie einsetzen zu können, bedarf es neben der Hardware auch der Bereitstellung eines Software-Dienstes, der die Konfiguration für den entsprechenden Bildverarbeitungsanwendungsfall ermöglicht.
Vor diesem Hintergrund wird in der Silicon Economy ein Guided Training Service entwickelt:
- Der Service führt den Nutzer durch das Training eines Machine Learning Modells für eine Bildverarbeitungsaufgabe, verteilt das trainierte Modell auf die jeweiligen Smart Kameras, ist dabei einfach zu bedienen und erfordert kein spezielles Fachwissen.
- Der Service ermöglicht es ebenfalls, vortrainierte Modelle für bestimmte Anwendungsfälle zu integrieren und so den Trainingsaufwand bei weiteren Anwendungspartnern zu reduzieren.
In einem ersten Anwendungsfall wird ein vortrainiertes Netz für die Klassifikation von Ladungsträgern, welche unterschiedlichen Standard-Pools zugehörig sind, bereitgestellt. Die für die Modellerstellung erforderlichen Bilder werden in Zusammenarbeit mit dem Logistikunternehmen Dachser S.E. generiert.
Use Case »Yard Lense«
Teil des Projekts ist auch der Use Case »Yard Lense« für Betriebshöfe und Umschlagterminals des Straßengüterverkehrs: In einem konkreten Anwendungsfall soll die digitale Lücke zwischen Pforte und Intralogistik geschlossen werden. Hier entstehen spezifische Komponenten zur Objektidentifikation sowie zur Verfolgung von Ladungseinheiten.
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Zwischen der Pforte und der Intralogistik auf Betriebshöfen und Umschlagterminals des Straßengüterverkehrs besteht heute noch eine digitale Lücke. Die Folge sind fehleranfällige, lange Prozesse, was wiederum zu Rückstaus oder falschen Auflieger-/Wechselbrücken-Bewegungen führt. Damit die Position jeder Ladungseinheit auf dem Hof zu jedem Zeitpunkt bekannt ist, sollen bestehende Yard-Management-Systeme durch eine Kontrollkomponente erweitert werden, die vollständige Transparenz auf dem Betriebshof schafft. Umgesetzt wird diese Funktion anhand eines KI-basierten Werkzeugs zum Erkennen und Verfolgen von Ladungseinheiten auf dem Hof, das sich nahtlos zwischen bestehenden Systemen einfügt. Dies bildet die Grundlage für Echtzeit-Inventuren und ermöglicht weitere KI-gestützte Optimierungen des Yards z. B. hinsichtlich der Auslastung und intelligenten Zuweisung. Damit soll Yard Lense ein wesentlicher Bestandteil eines automatisierten, intelligenten Yards der Zukunft werden.
Projektspezifische Ergebnisse, z. B. Demonstratoren oder Prototypen (Auszug)
Im Use Case entsteht eine digitale Abbildung eines Referenzbetriebshofs. Entlang eines generalisierten Anwendungsfalls werden physische Abläufe demonstriert. Softwarefunktionen wie das Erkennen der Art der Ladungseinheit sowie der Position und der Ausrichtung auf dem Betriebshof werden umgesetzt und visuell dargestellt.
Beitrag zur Silicon Economy
Im Rahmen des Use Cases sollen Software-Module entstehen, die es Unternehmen ermöglichen, Teilprozesse der hoflogistischen Kette zu digitalisieren (Transparenz über das Versetzen und Abstellen von Ladungseinheiten) und die Grundlage liefern, diese zu automatisieren (Live-Inventur, Teilaspekte der Registratur). Durch das Projekt sollen solche Innovationen auch KMU durch eine einfache Integrierbarkeit bereitgestellt werden. Die Objekterkennung von Ladungseinheiten bietet hierzu einen idealen Use Case. Die erarbeiteten Leistungen sollen Synergien zu bestehenden Yard Management Systemen hervorheben, können aber auch als Stand-Alone-Anwendung einsetzbar sein.